Der Akkordeonist Adolf Götz (Deutschland) ist am 21. Dezember 2022 verstorben. Dies ist ein Lebenslauf, der kurz nach seiner Pensionierung vorgelegt wurde im Jahr 1999.
Geboren am 11. Dezember 1938 gehört er für die Astrologen zu den „Schützen“.
Folglich sind seine Grundeigenschaften Fleiß, Ausdauer und Zielstrebigkeit.
Adolf Götz hält von solchen astrologischen Vorgaben sehr wenig. Aufgewachsen
als dritter Sohn (wieder kein Mädchen!) eines Privatmusiklehrers, der
in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegsjahre große finanzielle Sorgen
hatte, war er eher der vorlaute Lausbub und sicher kein Musterschüler.
Zu groß waren die Begabungen seiner beiden älteren Brüder: Der Älteste,
als Musiker mit absolutem Gehör und einem viel bestaunten musikalischem
Gedächtnis beim Auswendigspielen, der Andere, als viel gelobter Zeichner
und Maler. Dies alles schafft eher Frust und wenig Lust am Gleichtun,
zumal alles in der Schule und beim häuslichen Musizieren hart erarbeitet
werden mußte.
So mögen die vorher erwähnten Eigenschaften zwar vorhanden sein - nützen
aber wenig, wenn sie nicht gefordert oder freiwillig angewendet werden.
Alles änderte sich erst, als sein Vater schwer krank wurde und er als
14-jähriger im Geschäft aushelfen mußte. Sein Vater starb 1955 und hinterließ
ein Musikgeschäft mit Schülern.
Geformt haben ihn in diesen Jahren menschliche Begegnungen: Positive
und Negative. Plötzlich hatte er Verständnis für den „strengen“ Musiklehrer,
welcher nur eine hohe Leistung von ihm forderte und ihm zeigte, daß
sich Erfolge mit dem Können einstellen. Seit dieser Zeit kennt Adolf
Götz nur den 16 bis 18 Stundentag. Seit dieser Zeit sind viele Begriffe,
wie z. B. Kultur, Kunst, Erziehung oder Musik, für ihn schwammige Begriffe.
Ihm fehlt z. B. eine klare Unterscheidung in positive Erziehung oder
negative Erziehung und deren Konsequenzen. Gerade in unserer Zeit macht
man sich viel zu wenig Gedanken, welche Konsequenzen das Hören oder
Musizieren von negativer Musik hat.
So ist ihm Bernsteins Ausspruch: „Es gibt nur gute und schlechte Musik“
zu wenig, denn es werden die Konsequenzen der schlechten Musik nicht
angesprochen. Auch den Ausspruch: „Man muß immer positiv denken! Das
Negative kommt von alleine!“, läßt er nicht gerne so im Raume stehen.
Er fordert: das Negative mit seinen Folgen sollte man sehr exakt in
Erwägung ziehen und mit einplanen, damit man dann ganz entscheidend
entgegenwirken kann. Erst dann bereitet ein positives Erlebnis Freude.
Und mit solchen Gedanken sind wir mitten in der Musik von Adolf Götz.
Seine Musik ist nie reine Schreibtischarbeit oder trockene Theorie,
obwohl er diese vorzüglich beherrscht. Seine Musik löst von selbst bei
den aktiven Musizierenden, wie bei den passiven Anhörern positive Regungen
und Gefühle aus. In diesem Jahr ist es das dritte Mal, daß er beim Internationalen
Akkordeon Festival in Innsbruck, welches nur alle drei Jahre stattfindet,
der meist gespielteste Komponist dieses anspruchsvollen Wettbewerbes
war. Seinen Erfolg begründet er damit, daß für ihn zunächst das Beherrschen
aller bisherigen traditionellen Musikmittel genauso wichtig ist, wie
das Aufgeschlossensein für alles Neue. Wobei aber gerade in der neuen
Kunst sorgsam abgewägt werden muß, was für die Ergänzung und Bereicherung
der bisherigen Musik geeignet ist. Solch eine Beurteilung setzt natürlich
ebenfalls ein intensives Befassen mit allen Arten der neuen Musik voraus.
So richtete Adolf Götz den Maßstab für seine Musik nicht nach den örtlichen
Gegebenheiten, sondern er wollte in seinem Schaffen den gesamten europäischen
Raum umfassen. Sehr zum Leidweisen seines Hersbrucker Akkordeonorchesters,
das er 1956 aus der Hinterlassenschaft seines Vaters übernommen hatte,
in über 200 Auftritten in fast allen Ländern Europas zu einem excellenten
Klangkörper geformt hatte, an zahlreichen Wettbewerben vorderste Plätze
erringen konnte und 1992 an einen Nachfolger abgab.
Man hatte zunächst wenig Einsehen. Zu groß waren die Anforderungen an
den vielseitigen Fachmann geworden: Orchesterschulungen, Seminare an
den Musikhochschulen zwischen Rendsburg und Basel, dabei besonders die
Schulung von Lehrkräften für den Musikunterricht mit Senioren, wie seine
Tätigkeit als Juror an Wettbewerben (in diesem Jahr beim Wettbewerb
für Auswahlorchester der Blech-, Zupf- und Akkordeonorchester in Nijmwegen
in Holland) ließen kaum mehr ein Wochenende frei.
Daneben schrieb Adolf Götz in den letzten Jahres ein modernes Unterrichtswerk
mit begleitender CD für den Akkordeonunterricht und ein pädagogisch,
psychologisches Fachbuch für den Musikunterricht mit Erwachsenen.
Längst hat es Adolf Götz aufgegeben, die Aufführungen seiner Werke zu
registrieren oder zu zählen. Er kennt nicht einmal mehr alle CD´s, auf
denen Werke von ihm eingespielt worden sind. Die GEMA teilt ihm manches
Mal Aufführungen aus Skandinavien, aus Australien und Neuseeland oder
der USA mit.
Inzwischen besitzt er alle Auszeichnungen, die der Deutsche Harmonika
Verband zu vergeben hat: Von der goldenen Dirigentennadel bis zur Rudolf-Würthner-Medaille.
Mehrmals war er Preisträger bei Internationalen Kompositionswettbewerben.
Zweimal erlebte er in der Royal Albert Hall zu London die Aufführungen
von seinen Werken. Er besitzt Auszeichnungen des französischen Staatspräsidenten
Giscard d´Esting oder die Ehrenbürgermedaille der Stadt Siavonski Brod
in Kroatien.
1996 wurde ihm vom Bundespräsidenten Roman Herzog das Bundesverdienstkreuz
verliehen.
Im September 1998 konnte Adolf Götz nach 36 erfolgreichen Dienstjahren
als Fachoberlehrer für Musik und Werken an der Realschule in Hersbruck
in den wohlverdienten, vorzeitigen Ruhestand gehen. Seine zahlreichen
Auftritte mit den Bläsern und den 120 Chorsängerinnen der Schule in
Verbindung mit dem Akkordeonorchester Hersbruck werden so manchem Zuhörer
unvergessen bleiben. So die mehrfachen Aufführungen von Orff´s „Weihnachtsgeschichte“,
Paul Burkhards „Zeller Weihnacht“, das Riesenspektakel zum 150jährigen
Bestehen der deutschen Eisenbahn mit 1500 Besuchern oder mehrere internationale
Jugendmusikbegegnungen. Schließlich organisierte Adolf Götz 1976 in
Hersbruck die Durchführung der Bayerischen Akkordeon Wettbewerbe mit
eindrucksvoller Gestaltung des Festabends. Eigentlich sollte man meinen,
daß da kein Freiraum für Hobbies vorhanden sein kann. Aber die Kraft
für seine unermüdliche Arbeit schöpft Adolf Götz gerne in der Stille
der Natur bei einsamen Wanderungen, aber auch beim Besteigen hoher Gipfel
in den Alpen. Ob im Winter auf Skiern mit Steigfellen oder im Sommer
mit Bergschuhen, am liebsten sind ihm unbekannte Bergtäler und Gipfel.
Auch in diesem Jahr war er sowohl bei den Eisgipfeln der Schweiz am
Europaweg von Grächen nach Zermatt, wie auf schwindelnden Klettersteigen
in den Dolomiten zu finden.
Weit mehr als eine Lebensgefährtin, eher ein unerläßlicher Lebenskamerad
bei allen Problemen, musikalischen Ereignissen oder Bergtouren ist ihm
seine Frau: Eva-Maria. Sie kann ein Lied davon singen, was Fleiß und
Ausdauer bedeuten. Auch sie kann vierundzwanzig Tage später ihren 60.
Geburtstag feiern und Ende des Jahres 1999 werden es vierzig Jahre her
sein, daß beide verheiratet sind.
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